Mika Sperling

»I Have Done Nothing Wrong«

Von 1996 – 2007 schenkte mir mein Großvater Fotoabzüge die er für mich auf der Rückseite mit »Marichen« signierte – seinem Kosenamen für mich. 2009 verstarb er im Alter von 93 Jahren. Ich weinte auf seiner Beerdigung. Meine Großmutter küsste mich zum Abschied mit den Worten: »Du weißt, dass er gut war.«

Seit der Geburt meiner Tochter überkommt mich jedesmal, wenn sie sich in Gegenwart eines älteren Mannes befindet, ein starkes Unwohlsein.

Die Arbeit benennt die Verbrechen meines Großvaters, der sich, mit mir eingeschlossen, an mindestens sieben minderjährigen Mädchen innerhalb der eigenen Familie vergriff, und besteht aus drei sich ergänzenden Sets:
Fotografien, die in Kollaboration mit meiner Tochter auf dem Pfad zwischen meinem Elternhaus und seiner früheren Wohnung entstanden sind und deren Titel jeweils die Distanz zum Tatort verraten.

Die von ihm hergestellten Familienfotos, in denen ich jeweils seine Silhouette herausgeschnitten habe. In chronologischer Reihenfolge werden die farbigen Collagen von 1993 – 2003 von kurzen nüchternen Beschreibungen begleitet Final ein Text, ein fiktionales Szenario zwischen meinem verstorbenen Großvater und mir auf der Suche nach Antworten, während eines Schachspiels.

Durch diese formale Erforschung stelle ich mich meinem Trauma, in der Hoffnung, neue Perspektiven in der Aufarbeitung und Überwindung sexuellen Kindesmissbrauchs aufzuzeigen.