Details
Name
Philip Gaißer
Ort/Location
Kunsthalle Darmstadt
»The Answer Is A Series«
Wenn es einen Kulminationspunkt im breit gefächerten, oder besser: weit verzweigten Œuvre von Philipp Gaißer gibt, dann ist es vielleicht Landschaft. Landschaft als jenes Stück Natur, welches durch die Wahrnehmung einer bestimmten Person und ihres Standorts bestimmt ist. Als Ausschnitt von Natur in Bezug auf den Menschen, beziehungsweise dessen Bild davon. Auf dieses Verständnis von Landschaft als mechanischem Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Bild, inklusive all seiner komplexen Reziprozitäten und weit verzweigten Kausalketten, könnte man Gaißers Arbeit runterbrechen, wenn man denn wollte. Denn selbst stutzt er seine Themen eben nicht zurecht, sondern jagt sie durch die Zugriffe diverser Disziplinen der Wissensproduktion, weit entfernten Zusammenhängen folgend.
Vielleicht ein Beispiel: Die Beschäftigung mit einer Phosphormine in Idaho führte Gaißer zu Monsanto und ihrem zentralen Produkt RoundUp (Hauptingredienz Phosphor), von dort natürlich zu deren genetisch verändertem Saatgut, was weiter zu Copyright-Fragen (zentral für das genetische Design des Saatguts) führte. Eine andere Spur führte ihn in den Immobilienmarkt und Straßenbau der Region, wo jeweils kontaminierte Abfallprodukte der Phosphorgewinnung verbaut worden waren. Und das sind nur Ausschnitte. Dennoch agiert vorschnell, wer seine Arbeitsweise in die große Tüte artistic research stecken möchte, dafür setzt Gaisser Erkenntnisse und Gefundenes zu eigensinnig verarbeitet ein. Vielmehr ermöglicht die Recherche ihm eine Möglichkeit, zu neuen Bildern zu kommen, wenn Bildaufbau nicht mehr nur kompositorisch verstanden wird, sondern zumindest in Teilen aus der Rechercheleistung kondensiert.
Und noch etwas ermöglicht die Recherche, möchte ich unterstellen. Nämlich kritisch als klassisch verklappte, schwelgende oder erhabene Zugriffe auf Natur und Landschaft zu ermöglichen, was ohne die kritischen Um- und Nebenwegen bestenfalls als naives Klischee möglich wäre. In jedem Falle steckt hinter den Arbeiten ein enthusiasmierter Wanderer, der sich wie die Romantiker von der gigantischen Komplexität der Natur überwältigen lässt. Und eventuell Wege gefunden hat, ein erhabenes Verhältnis zur Natur aus der Klischeezone zu bugsieren.
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Moritz Scheper