Christoph Westermeier

Details

Name

Christoph Westermeier

Ort/Location

Altes Hauptgebäude TU Darmstadt

»Die blauen Bücher«

 

Museen haben mich nie gelangweilt. Kunstgeschichte begeistert mich seit frühster Jugend und Heinrich Wölfflins Text »Wie man Skulpturen aufnehmen soll« von 1896 gehört zu meinem Standardrepertoir der Referenzen.

 

Doch im Gespräch mit Kolleg*innen habe ich gemerkt, dass ich in antiken Figuren etwas anderes sehe als sie. Für mich sind sie keine alten Relikte, die wahlweise vor hellem oder dunklem Hintergrund aus verschiedenen Perspektiven fotografiert werden, sondern Darstellungen von reiner Körperlichkeit, die eine große Erotik mit sich bringen. Eine homoerotische Erotik, die allerdings blumig umschrieben wird und für edle Einfalt und stille Größe steht. Das Offensichtliche wird übersehen und in der Antike belassen.

 

Für mich hingegen waren diese Statuen lebendige Stützpunkte in dem schmerzhaften Erkenntnisprozess, dass ich nicht zur heteronormativen Mehrheitsgesellschaft dazugehöre. Bilder und Skulpturen vergangener Epochen zeigten mir, dass ich mit meinem Begehren nicht allein bin und dass die Geschichte voller queerer Vorbilder ist. Doch um diese Erkenntnis annehmen zu können, musste ich mich und meinen Blick akzeptieren.

 

In meiner fotografischen Arbeit ist daher der queere Vermittlungsansatz ein zentraler Bestandteil: künstlerisch setze ich mich über die lineare Zeitachse hinweg und queere sie in die Gegenwart.

 

In der Arbeit Die Blauen Bücher schaffe ich diese Übersetzung, indem ich einen historischen Bildband von Max Sauerland (Griechische Bildwerke, 1907) mit eigenen Fotografien überdrucke. Sie zeigen männliche Akte, meinen Partner während einer Sizilienreise, Deutsche auf der Grand Tour.

 

Die Zeitachsen überlappen sich, eine Athena redet mit dem Badetuch und ein Diskuswerfer verwächst mit einem männlichen Kopf.

 

Die Bilder sind jeweils zu sechst in einem Rahmen zusammengefasst und in den Farben Cyan, Magenta, Gelb, Grün und Schwarz angeordnet. Flankiert werden sie von vier Raumdisplays, die entfernt an Möbel erinnern, neu interpretierte Stühle, die zum Display für Einzel-Bilder werden.

Priya Suresh Kambli

Tanya Habjouqa